Ein neuer Beginn
Frühe Feuersnöte der Gemeinde
Die Gemeinde Mistelbach besaß schon vor der Gründung ihrer Freiwilligen Feuerwehr ein Depot für Feuerlöschgeräte in der heutigen Franz Josef – Straße. Bei Feuerausbruch blieb aber trotz des heldenmütigen Einsatzes beherzter Bürger meistens der Feuerbrand als Sieger zurück und hinterließ unsägliches Leid und oft jahrzehntelange Not.
Im so genannten Mistelbach “Bürgertrüchterl” sind aus der Zeit von 1458 bis 1840 allein 15 Feuersbrünste aufgezeichnet, denen die ganze Gemeinde oder große Teile derselben zum Opfer gefallen sind. Die beiden Statuen des hl. Florian und des Hl. Martin an der Marktstiege erinnern an ein Gelöbnis aus Dankbarkeit, dass einmal “nur” vier Häuser abbrannten.
Die schrecklichste Katastrophe trat am 15. Juni 1835 ein: 93 Häuser, 8 Neben- gebäude, 50 Presshäuser, die Kirche und der Turm brannten ab; 13 Menschen fanden dabei den Tod.
Vom Turnverein zur Feuerwehr
Noch im gleichen Jahre (1878) erfolgten die Vorbereitungen zur Gründung durch idealistisch gesinnte Mitglieder des Turnvereines. In den vorgeschlagenen Statuten wird als Zweck des Vereines ein geordnetes Zusammenwirken bei Feuersgefahr, um Leben und Eigentum der Bewohner zu schützen, angegeben, ferner die Hebung des Feuerlöschwesens im allgemeinen sowie das Streben, Geist und Herz der Mitglieder zu veredeln. Als eigentlicher Gründungstag wird der 27. Jänner 1879 angesehen, an dem das “Grundgesetz des freiwilligen Feuerwehrvereines in Mistelbach” durch den k. u. k. Stadthalter in Wien genehmigt wurde.
Die Stadtgemeinde Mistelbach hat dem neu gegründeten Feuerwehrverein das Benützungsrecht für das alte Zeughaus in der heutigen Franz Josef – Straße samt den darin befindlichen Feuerlöschrequisiten auf die Dauer des aktiven Bestandes des Vereines übergeben. Der Verein hat somit ungefähr folgenden Bestand an Feuerlöschrequisiten übernommen:
2 Karrenspritzen
1 Abprotzspritze
1 Mannschaftswagen
2 Wasserwagen
diverse Leitern und sonstige kleinere
Geräte und Ausrüstungsgegenstände.
Bereits zwei Monate später war es dem Verein mit einer Unterstützung ‚ von 200 Gulden seitens der Stadtgemeinde Mistelbach möglich, eine Landfahr- spritze anzuschaffen, mit der am 23. März 1879 offiziell die erste Schauübung durchgeführt wurde.
Wie aus der alten Brandchronik ersichtlich, kam die Feuerwehr am 9. Mai 1879 zum ersten Mal zum Einsatz.
Mit der Wahl von Karl Heger zum Kommandanten beginnt eine Epoche des weiteren technischen Ausbaues. Zum ersten Mal werden zur Brand- bekämpfung Handfeuerlöscher verwendet.
Im Jahre 1927 erfolgt eine große Stärkung der Einsatzbereitschaft der Wehr mit dem Ankauf und der Einweihung der ersten Auto-Motorspritze (Modell Austro-Fiat).
Eine Feuersirene wird im Rathausturm montiert und die Vorarbeiten des damals neuen Zeughauses, welches im Jahre 1930 eingeweiht werden kann, beginnen.
Ende und Neubeginn
Im Jahre 1939 wurde die Freiwillige Feuerwehr aufgelöst und in die Feuerschutzpolizei eingegliedert.
Da es Vereine nicht mehr gab, sondern nur mehr autoritär gelenkte Organisationen, war auch die Wahl von Organen der Feuerwehr entbehrlich geworden.
Den Feuerwehrhauptmann ersetzte ein “Wehrführer”, dem ein “Führerrat” zur Seite stand. Da alles Österreichische beseitigt werden musste, trat am 27. Oktober 1939 das Deutsche Feuerwehr- gesetz in Kraft.
Dienstverpflichtete Männer und Frauen mussten die Lücken schließen, welche durch Einberufungen von Feuerwehrmännern an die Front entstanden waren. Große Hilfe leistete dabei ein 1939 neu angeschafftes Löschfahrzeug Mercedes LF 8.
In den ersten Apriltagen des Jahres 1945 musste dieses Fahrzeug auf Befehl evakuiert werden. Am 14. April 1945 standen nach einem Tieffliegerangriff sechs Häuser in der Waldstraße in Flammen. Mit dem verbliebenen alten Löschfahrzeug und dem auf einem Handwagen heran- geschafften zweiten Aggregat konnten in stundenlangem Einsatz mit Unterstützung von freiwilligen Helfern die brennenden Objekte gelöscht werden.
Während die Front über die Stadthinwegtobte, kam es infolge schweren Beschusses durch Artillerie, Raketen und durch Tiefflieger zu einer Zahl von Bränden. Ein unmittelbar nach Kriegsende ausgebrochenes Schadensfeuer in der Oberhoferstraße wurde mit Hilfe der verbliebenen Handwagenspritze und der alten Handspritze unter Mitwirkung von freiwilligen Helfern und sowjetischen Soldaten gelöscht.
Das alte Löschfahrzeug war nicht mehr auffindbar. Es sollte einige Zeit später von einem Mistelbacher in russischer Kriegsgefangenschaft irgendwo im Kaukasus, noch mit der alten Aufschrift versehen, erkannt worden sein.
Es waren durchwegs die verdienten Männer der ehemaligen Feuerschutzpolizei, welche unter dem Kommando von Franz Eckstein und Leopold Richard als neu erstandene Freiwillige Feuerwehr ihren Idealen weiter dienten. Die ersten Einsätze wurden mit dem Handwagenaggregat durchgeführt.
Bei weiteren Ausfahrten gelang es manchmal, einen Traktor samt Anhänger aufzutreiben oder es half die Firma Niecham mit einem LKW aus.
Später schaltete sich bei Brandbekämpfungen auch die sowjetische Besatzungsmacht mit einem SIS-Militär-Tanklöschfahrzeug ein. Unter dem Kommandanten Franz Österreicher konnte ein für Feuerlöschzwecke notdürftig umgebauter ehemaliger Militär-LKW Ford V8 erworben werden.
Aufbau und Ausbau
Mit der Wahl von Dipl.-Ing. Ferdinand Heger zum Kommandanten wurde unter großen Anstrengungen die begonnene Aufbauarbeit fortgesetzt.
Bald war ausrüstungsmäßig und ausbildungsmäßig der Anschluss an die Wehren der größten Städte Niederösterreichs gefunden. Im Jahr 1954 verfügte Mistelbach als einzige Wehr Niederösterreichs über ein Hochdruck-Tanklöschfahrzeug. Aus Gründen der Kosteneinsparung wurde zu diesem Zweck ein ehemaliger Opel-Blitz-Rüstwagen durch Fachkräfte innerhalb der Wehr in unbezahlten Arbeitsstunden umgebaut. In der Folgezeit wurde der Fahrzeugpark auf einen Stand von zwei Hochdruck- Tanklöschfahrzeugen und ein Kommando- fahrzeug erweitert.
Der Umfang und die Art der Einsätze begannen sich immer mehr von den ehemaligen Brand- bekämpfungsmethoden zu unterscheiden. Zusätzliche Aufgaben musste übernommen werden.
Dies erforderte eine weitere Aufstockung des Geräte- und Fahrzeugparks und machte die Errichtung eines neuen Feuerwehrhauses notwendig. Der Bau wurde von Architekt Dr. Viktor Kraft geplant und gemeinsam mit Gemeindegarage und Bibliothek im Stadtparkbereich errichtet.
Den äußeren Rahmen für die Einweihung des neuen Gerätehauses gab das größte Fest, welches Mistelbach bis zum damaligen Zeitpunkt in seinen Mauern erlebt haben dürfte. Die Abhaltung des Landesfeuerwehrtages 1960 verbunden mit den Landesfeuerwehr- leistungsbewerben, an denen sich 730 Gruppen mit insgesamt 6500 Bewerbsteilnehmern beteiligten.
Eine Kleinstadt erlangt internationale Berühmtheit
Die Leistungen für den Aufbau der Mistelbacher Feuerwehr blieben nicht ohne die gebührenden Folgen. Das harte Übungstraining und der hohe Ausbildungsgrad der Mistelbacher Feuerwehrgruppen fand seine verdiente Belohnung bei den Internationalen Feuerwehr- wettkämpfen, wobei die in der Folge angeführten Gruppen einen ersten Rang (Goldmedaille) gegen härteste Konkurrenz erringen konnten.
Die Teilnahme an den österreichischen und internationalen Leistungsbewerben führte zu einer Stärkung der kameradschaftlichen Bindung der einzelnen Wehren untereinander.
Ein betont herzliches Freundschaftsverhältnis entwickelte sich zwischen unserer Freiwilligen Feuerwehr und den Wehren von
Amstelveen (Niederlande)
Bienenbüttel (Deutschland)
Differten (Deutschland)
Sarvar (Ungarn)
Welsberg (Südtirol)
und nicht zuletzt zu unseren Namensvettern aus Mistelbach bei Wels, Oberösterreich.
Im Jahre 1960 wurde unser ehemaliger Stadtpfarrer, P. Volkmar Kraus SDS, von Erzbischof Kardinal König zum ersten Landesfeuer- wehrkuraten bestellt.
Feuerwehrhaus erbaut 1960
Mistelbach und die Feuerwehr wurden untrennbare Begriffe. Es kam daher nicht von ungefähr, dass auf Wunsch der beiden Initiatoren zum Bau einer Kirche in Lanzendorf, Landesfeuerwehr- kurat P.Volkmar Kraus und Altbürgermeister Alfred Schöller, dieses Gotteshaus dem Schutz- patron der Feuerwehrmänner, dem heiligen Florian geweiht wurde.
Die Einweihung wurde am 2. Mai 1970 von Erzbischof Koadjutor Dr. Franz Jachym vorgenommen.
Die administrativen Veränderungen der letzten Zeit, wie die Gemeindezusammen- legungen, schafften auch neue Strukturen im Feuerwehrwesen. So bilden seit Anfang 1972 die Feuerwehren folgender Katastralgemeinden der Stadtgemeinde Mistelbach innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr eigene Züge:
- Ebendorf
- Frättingsdorf
- Hörersdorf
- Lanzendorf
- Paasdorf
Diese Züge erhielten mit Unterstützung der Stadtgemeinde Mistelbach jede Hilfe zur Modernisierung ihrer Ausrüstung und ihres Fahrzeugparks. Mit Stolz und Freude haben die Mistelbacher Feuerwehrkameraden am 8. Dezember 1972 die Nachricht über die Wahl ihres langjährigen Kommandanten, Dipl.-Ing. Ferdinand Heger, zum Präsidenten des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes aufgenommen.
Ein neuer Beginn
Am 15. September 1976 wählte die Mitgliederversammlung ein neues Kommando:
- Staffel Vinzenz
- Grum Andreas (als Kommandant)
- Eckel Franz
- Bacher Josef
Feuerwehrjugend 1974
Gleich zu Beginn mussten schwerste Proben bestanden werden.
Am 1. Februar 1977 brach im neu erbauten Heizhaus des Krankenhauses ein Großbrand aus, der mehr als 600 m² Kunststofffläche unter riesiger Rauchentwicklung vernichtete.
Ein Vordringen war nur mit schwerem Atemschutz möglich.
Es gab auch zahlreiche komplizierte Einsätze zur Bergung von Kraftfahrzeugen, wie die Bergung von Tankzügen, geladen mit tödlich wirkenden Chemikalien am 26. April und 4. Juli 1978.
Die starke Zunahme der technischen Hilfeleistungen zeigt die Einsatzstatistik der letzten Jahre, wo bereits 80 % technische Einsätze und nur 20 % Brandeinsätze aufscheinen.
Die Bergung von verunglückten Fahrzeugen, von eingeklemmten und toten Personen, von Autobussen, Tankkraftwagen, Traktoren und anderer Verkehrsmittel, auch Einsätze in Zusammenarbeit mit der Eisenbahn stehen auf der Tagesordnung.
Mannschaft Feuerwehr Mistelbach 1979
Um diesen Einsatzerfordernissen gerecht werden zu können, war die Anschaffung von modernsten Fahrzeugen, Geräten und Hilfsmitteln notwendig, wenn auch mit bedeutendem finanziellem Aufwand. Am 19.Jänner 1979 konnte der Fahrzeugpark um eine moderne 27m Drehleiter erweitert werden.
Vor allem die Anschaffungen, die seit 1945 durch die Stadtgemeinde Mistelbach bewilligt wurden, beweisen, dass die Notwendigkeit des Bestehens einer leistungsfähigen Freiwilligen Feuerwehr völlig erkannt wurde.
Am 27.März 1985 wurde Kommandant- stellvertreter, Bezirksfeuerwehrkommandant OBR Vinzenz Staffel zum Landesbrand- direktorstellvertreter gewählt.
In dieser Zeit konnte ebenfalls eine wesentliche Modernisierung und Verbesserung der Ausrüstung und des Fahrzeugparks erreicht werden. Er war oft unser Fürsprecher zwischen der Stadtgemeinde Mistelbach und der NÖ Landesregierung Auch der NÖ Landesfeuerwehrverband leistete durch die Subventionierung von Fahrzeugen und Geräten einen wesentlichen finanziellen Beitrag. Wie jede Organisation ist auch die Freiwillige Feuerwehr in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit und Stärke von ihrer inneren Zusammengehörigkeit abhängig.
1988 bis heute
1988 und 2002 wurden in Mistelbach die Bundesjugendleistungsbewerbe durchgeführt. Es dürfen hierbei nur die drei besten Feuerwehrjugendbewerbs- gruppen jedes Bundeslandes teilnehmen. Diese Bewerbe werden nur alle neun Jahre in Niederösterreich abgehalten.
1998 wird in Mistelbach das neue 50 Tonnen Kranfahrzeug des Landesfeuerwehr- verbandes stationiert. Der bisherige Kirsten- kran wird außer Dienst genommen und verkauft.
2009 wird das bisherige Vorausfahrzeug der Marke Chevrolett durch ein neues Vorausfahrzeug der Marke Ford ersetzt. Es dient zur Menschenrettung nach Verkehrsunfällen und zur Bekämpfung von Fahrzeugbränden sowie technischen Kleineinsätzen.
2010 werden bereits 1.997 Einsatzstunden geleistet bei 52 Brandeinsätzen, 176 technischen Einsätzen, 9 Fehlalarmen und 44 Brandsicherheitswachen.
2011 beträgt der Mitgliederstand der Feuerwehr Mistelbach 227 aktive Mitglieder, 21 Mitglieder der Feuerwehrjugend und 75 Reservisten.
2013 wird das alte „Schwere Rüstfahrzug“ außer Dienst genommen und durch ein neues Rüstlöschfahrzeug ersetzt. Dieses wurde durch einige Mitglieder unserer Feuerwehr von Anfang an geplant und damit genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten. Hierbei wurden unzählige freiwillige Stunden zur Planung aufgewendet. Ein ebenfalls geplantes Wechselladefahrzeug wurde durch ein beim Landesfeuerwehrverband vorhandenes ersetzt. Es wurde ebenfalls 2013 von der Feuerwehr Karlstein im Waldviertel übernommen.
Ehemalige Feuerwehrkommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Mistelbach
August Lubowiensky
1879 – 1891
1893 – 1894
Franz Haas
1891 – 1893
Michael Eibl
1894 – 1898
1899 – 1919
Franz Filippinetti
1898 – 1899
Josef Holub
1919 – 1920
Karl Heger
1920 – 1929
Leopold Misch
1929 – 1931
Otto Tischler
1931 – 1939
Alois Jandl
1939 – 1945
Leopold Richard
1945 – 1947
Franz Eckstein
1947 – 1949
Franz Österreicher
1949 – 1952
DI Ferdinand Heger
1952 – 1976
Andreas Grum
1976 – 2001
Herbert Schaman
2001 – 2006
Gerhard Grum
2006 – 2019
Claus Neubauer
2019 – dato